Inhalt

Whitepaper: Warum sich der Blick über den Tellerrand lohnt ...

Die Verwaltungsdigitalisierung
in Deutschland im europäischen Vergleich

Einleitung

Die Digitalisierung der Verwaltung ist eine der größten Herausforderungen für europäische Staaten. Sie beeinflusst nicht nur die Effizienz staatlicher Prozesse, sondern auch die Zufriedenheit von Bürger:innen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Als CEO von SmartDocuments, einem internationalen Softwareunternehmen, das sich mit den Themenfeldern Vorlagenmanagement sowie Dokumentenautomatisierung nicht nur in der freien Wirtschaft sondern auch im Public Sector beschäftigt, erhalte ich umfassende Einblicke in den Status der Verwaltungsdigitalisierung. Die Erfahrung zeigt, wie stark die Anforderungen von Kund:in zu Kund:in variieren von hochdigitalisierten Prozessen bis hin zu papierbasierten Strukturen.

Was ist der DESI-Index?
Der Bitkom-DESI-Index ist ein Index zur Messung des Digitalisierungsgrads von EU-Ländern, der vom Digitalverband Bitkom erstellt wird. Er vergleicht die Länder anhand von vier Bereichen: digitale Infrastruktur, digitale Kompetenzen, Digitalisierung der Wirtschaft und digitale öffentliche Dienste. Bitkom setzt damit eine frühere Erhebung der EU-Kommission fort.

Deutschland im europäischen Vergleich

Laut Bitkom-DESI-Index, der den Digitalisierungsfortschritt der EU-Länder vergleicht, gelten dabei Länder wie Estland, Dänemark oder die Niederlande als Vorreiter in Sachen Verwaltungsdigitalisierung, während Deutschland mit strukturellen und organisatorischen Hürden kämpft. 

Aber woran liegt das?

  • Föderale Strukturen: Ein wesentlicher Unterschied liegt in der föderalen Organisation Deutschlands. Rund 90 % der Verwaltungsleistungen werden von Ländern und Kommunen erbracht. Diese Fragmentierung erschwert die Umsetzung einheitlicher digitaler Lösungen. Zentral organisierte Staaten, wie Estland oder Malta, profitieren von klaren Zuständigkeiten und können digitale Plattformen dementsprechend schneller und flächendeckend einführen.
  • Fehlende Prozessdurchgängigkeit: Deutschland setzt häufig auf digitale Formulare, ohne die dahinterliegenden Prozesse vollständig zu digitalisieren. Das führt dazu, dass Anträge zwar online gestellt werden können, die Bearbeitung jedoch noch weiterhin papierbasiert erfolgt. Andere Länder bieten hingegen bereits heute eine sogenannte "End-to-End"-Digitalisierung. Das heißt, Behördengänge sind dadurch komplett online möglich.
Vektorgrafik: Verwaltungsgebäude mit Text: Whitepaper 11/2025: Warum sich der Bick über den Tellerrand lohnt ... Die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland im europäischen Vergleich

  • Späte Einführung zentraler Identitäten: Die Einführung einer zentralen digitalen Identität erfolgte in Deutschland erst spät mit der BundID, deren Nutzung noch nicht so weit verbreitet ist. Im Gegensatz dazu verfügen Länder, wie die Niederlande mit dem elektronischen Identifizierungssystem "DigiD" oder auch Estland mit der digitalen ID Card, seit Jahren über etablierte Systeme, die eine einfache und sichere Authentifizierung ermöglichen.


Best Practices aus Europa

Flagge Estland

Estland reduzierte Bürokratie drastisch

Zu den Vorreitern in der digitalen Verwaltung gehört Estland. Im 1,3-Millionen-Einwohner-Land können seit Ende 2024 Verwaltungsdienstleistungen nahezu komplett digital durchgeführt werden. Grundlage für den hohen Digitalisierungsgrad ist das bereits 2001 eingeführte System X-Road, über das alle eGovernment-Dienstleistungen abgewickelt werden.

Zudem erhalten Bürger:innen bei der Geburt eine digitale Identität, mit der sie sämtliche Behördengänge bequem online erledigen können. Auch die Gründung und Führung von Unternehmen aus dem Ausland erfolgt in Estland mit Hilfe der e-Residency-ID digital.

Flagge Niederlande

Die Niederlande kombinieren digitale Prozesse mit persönlichem Service vor Ort

Auch die Niederlande belegen laut Bitkom einen der vorderen Plätze, wenn es um die digitale Verwaltung geht. Seit 2003 verfügen Bürger:innen dort über eine digitale Identität (DigiD), mit der sie sich online authentifizieren können. Damit sind klassische Verwaltungsprozesse, wie die Einreichung von Kindergeldanträgen, Steuererklärungen, Ummeldungen oder die Beantragung eines Parkausweises, weitgehend digital möglich.

Gleichzeitig bleibt der persönliche Kontakt ein wichtiger Bestandteil: Bürger:innen können bei Bedarf vor Ort beraten werden und profitieren so von einer Kombination aus digitaler Effizienz und individueller Betreuung. Viele Gemeinden setzen hierfür auf digitale Terminvereinbarungen, bei denen Anliegen bereits vorab online hinterlegt werden. So können sich Mitarbeiter:innen optimal vorbereiten und die Bürger:innen bei ihrem Besuch schnell und unbürokratisch unterstützen.

Flagge Österreich

Österreich setzt auf einheitliche Lösungen

Österreich verfolgt den Ansatz, lokal entwickelte digitale Lösungen schrittweise auf alle Verwaltungen auszuweiten. Ein Beispiel dafür ist die Einführung eines Systems zur Besuchersteuerung und zum Warteschlangenmanagement in einer Servicestelle für junge Arbeitssuchende. Ziel war es, die komplexe Struktur der Einrichtung effizienter zu organisieren, die Koordination zwischen verschiedenen Abteilungen zu verbessern und Bürger:innen mit ihren Anliegen direkt an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Nach erfolgreicher Implementierung wird das System nun in zahlreichen weiteren Geschäftsstellen landesweit ausgerollt.

Dieser Ansatz zeigt, wie durch einheitliche Lösungen die Servicequalität gesteigert und Verwaltungsprozesse deutlich effizienter gestaltet werden können.

Fazit

Die Verwaltungsdigitalisierung ist kein nationaler Wettbewerb, sondern eine europäische Gemeinschaftsaufgabe. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im gegenseitigen Lernen, in Kooperationen und im Austausch bewährter Praktiken. Man muss den Blick über den Tellerrand wagen, um von den Vorreitern zu profitieren und gleichzeitig eigene Stärken einzubringen. Die unterschiedlichen Digitalisierungsfortschritte zeigen, die Öffentliche Verwaltung kann von den Erfahrungen der anderen europäischen Länder erheblich profitieren und lernen. So beispielsweise:

  • von Estland das Vertrauen in digitale Identitäten und konsequente Prozessdigitalisierung,
  • von Dänemark die bürgerzentrierte Kommunikation und klare gesetzliche Vorgaben
  • oder von Deutschland die Themen Datenschutz und hohe Sicherheitsstandards.

Nur durch diesen offenen Ansatz kann Europa eine führende Rolle in der digitalen Verwaltung einnehmen. Letztlich stehen Verwaltungen in allen Ländern vor ähnlichen Herausforderungen, wenn auch mit unterschiedlichen bürokratischen Hürden. Gleichzeitig gilt jedoch auch: Man darf nicht alle Verwaltungen "über einen Kamm scheren". In unserem Kundenkreis erleben wir zahlreiche deutsche Verwaltungen, die mit großen Schritten, großem Engagement und innovativen Ansätzen die Digitalisierung maßgeblich vorantreiben – Und das trotz komplexer Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund fördern wir den internationalen Austausch unserer Kund:innen und organisieren z.B. gemeinsam mit unseren Partnern JCC Software GmbH sowie der PICTURE GmbH den deutsch-niederländischen Austausch unter dem Motto "Interkommunales bijeenkomst". Solche Initiativen schaffen unserer Meinung nach Raum für Inspiration, Wissenstransfer und praxisnahe Lösungen, die die digitale Transformation beschleunigen. Digitalisierung gelingt nur gemeinsam: Deshalb begleiten wir Kommunen aus allen Ländern mit unserem Vorlagenmanagementsystem auf ihrem Weg zu einer modernen Verwaltung.


Autor

Paul te Lindert

SmartDocuments Deutschland GmbH
CEO

Erkrather Str. 401
40231 Düsseldorf

Nachricht schreiben